Hochzeitsbräuche gibt es viele. Sie alle verleihen kleinen Gesten und Traditionen einen Hauch Einzigartigkeit, verzaubern anrührende Momente in einmalige Erlebnisse. Hochzeitsbräuche verbinden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Sie verdeutlichen, wie sehr die Menschen seit jeher vom Begehen der Eheschließung berührt werden. Ein ganz besonderer Brauch ist dabei das Trinken aus einem Brautbecher. Um dieses Gefäß rankt sich eine romantische, einfallsreiche und bekräftigende Legende. Liebe scheint eben doch Grenzen zu überschreiten…
Blumenmädchen, Tauben oder Schmetterlinge, welche nach der Trauung aufsteigen, Reis der geworfen wird, Glas welches zertreten wird – Hochzeitsbräuche bereichern jede Eheschließung und sorgen für eine historische, bedeutungsschwangere Aura. Sie verleihen jeder Hochzeit das gewisse Etwas und gehören für viele Paare dazu.
Auch Nina und Thomas haben sich vor Ihrer Trauung ausgiebig über verschiedene Bräuche informiert. „Wir wollten etwas ganz Spezielles finden und haben uns viel im Internet informiert. Der Brauch, aus einem gemeinsamen Brautbecher zu trinken, hat uns besonders gefallen. Vor allem die Legende, welche hinter dem Brauchtum steht, hat uns beide berührt. Sie hat uns gezeigt, dass sich Liebe auch unter widrigen Umständen einen Weg sucht und ihr Ziel findet. Das erinnert uns an uns beide“, schmunzelt sie vielsagend.
Die Legende einer großen Liebe
Kunigunde war ein junges, wunderschönes Mädchen und die Tochter eines reichen, mächtigen Edelmannes. Ihre Zukunft war vorherbestimmt, so wie es damals üblich war. Vom Vater arrangiert, machten viele Männer von gleichem Stand der schönen Tochter ihre Aufwartung.
Doch wie es das Schicksal so wollte, verliebte sich Kunigunde – weder Stand noch Ansehen beachtend – in einen jungen Goldschmied. Hinter dem Rücken ihres Vaters und ohne dessen Wissen, verlor Kunigunde ihr Herz an diesen jungen Mann. Der Vater scheute keine Mühen und ließ immer mehr junge Anwärter vor Kunigunde auftreten. Doch keiner der feinen Herren konnte Kunigunde ihren Goldschmied vergessen lassen.
Eines Tages erzählte das Mädchen ihrem Vater von ihren Gefühlen. Diese bebte vor Zorn und ward außer sich. Er war mit der unrühmlichen Liaison keineswegs zufrieden und verbot seiner Tochter fortan den Umgang mit dem Goldschmied. Den Goldschmied jedoch warf er in den Kerker. Daraufhin verging seine Tochter fast vor Gram.
Sie weinte, war traurig und konnte am Leben keinen Gefallen mehr finden. Schließlich hatte der strenge Vater ein Einsehen und schlug seiner Tochter einen Lösung vor. Sollte der Goldschmied es schaffen, einen Becher zu schmieden, aus welchem sowohl seine Tochter als auch der Goldschmied gleichzeitig trinken könnten, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten, so dürften die beiden heiraten und gemeinsam alt werden.
Die Tochter war hocherfreut, sah sie doch die gemeinsame Zukunft schon vor ihren Augen. Und auch der Vater war zufrieden, denn er war fest davon überzeugt, seinem zukünftigen Schwiegersohn eine schier unlösbare Aufgabe gestellt zu haben.
Von Liebe beflügelt ging der Goldschmied ans Werk und schuf in wenigen Tagen einen Brautbecher, wie ihn die Welt zuvor noch nicht gesehen hatte. Auf einem als Rock gestalteten Becher platzierte er das Antlitz seiner Holden, welche in ihren ausgestreckten Armen einen zweiten, kleineren und beweglichen Becher hielt.
Somit konnten beide Becher mit Flüssigkeit gefüllt werden, der kleinere Becher konnte mit dem großen Becher zeitgleich nach oben gehalten werden und beide konnten daraus trinken, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten. Der Vater musste sein Versprechen einlösen und in die Heirat der beiden einwilligen.
Seitdem symbolisiert der Brautbecher Liebe, Glück, Treue und Hoffnung, sobald ein Brautpaar während der Hochzeit aus solch einem Becher trinkt. Diese Symbolwirkung und vor allem die Geschichte einer Liebe, die allen Widrigkeiten zu trotzten scheint, veranlassen viele Paare dazu, dieses Ritual in ihrer Hochzeit weiterleben zu lassen.
Nina und Thomas sind schon jetzt begeistert. „Wir freuen uns auf diesen Brauch. Auch wenn wir keine Hindernisse wie Kunigunde und ihr Goldschmied ertragen mussten, war auch unser Weg nicht immer einfach. Auch wir fanden ein paar Steine, die uns das weitergehen teilweise erschwert haben. Und dennoch hat das unserer Liebe nie einen Abbruch getan. Was könnte es da Passenderes geben, als diese Unerschütterlichkeit und Stärke unserer gemeinsamen Liebe mit einem Schluck aus einem Brautbecher zu begießen!“